top of page

2. Teil - Wie gehen wir mit Veränderungen um?

Aktualisiert: 10. Feb.



Wie unsere Persönlichkeit Entscheidungen und Veränderungen beeinflusst?



  • Früher war ich sehr schüchtern, heute habe ich gelernt, vor Publikum zu sprechen – auch wenn mir manchmal noch ein Kloß im Hals steckt.

  • Ich habe verstanden, wie wichtig es ist, mich zurückzunehmen und meinen Mitarbeitenden wirklich zuzuhören.

  • Wenn ein Projekt scheitert, reflektiere ich auch mein eigenes Handeln – früher suchte ich die Schuld meist bei anderen.

  • Gerade lerne ich, meine eigenen Bedürfnisse ernst zu nehmen.

  • Wenn ich mich im Grübeln verliere und nicht ins Handeln komme, frage ich mich: Was nützt mir mein Denken, wenn es sich nicht lebendig anfühlt?


"Mein Fokus liegt auf den Menschen, die sich mitten in einem Wandel befinden."


In meiner Arbeit habe ich viele Menschen in Phasen des Umbruchs, Abschieds und Neubeginns begleitet. Dabei steht für mich eine zentrale Frage im Mittelpunkt: Wie lässt sich Veränderung so gestalten, dass sie langfristig nicht zur Belastung wird, sondern im besten Fall sogar zur Stärkung der Gesundheit beiträgt? Oder wie können wir mit unserer Verletzlichkeit umgehen?

Dieser Artikel beleuchtet verschiedene Dimensionen der Persönlichkeit, die Frage, wann und warum wir uns verändern, und die Bedeutung der Selbstakzeptanz. Es geht nicht darum, Menschen in starre Kategorien einzuordnen, sondern darum, ein tieferes Verständnis dafür zu entwickeln, warum wir selbst so handeln, wie wir es tun – und warum andere möglicherweise ganz anders „ticken“. Anstatt Patentrezepte zu liefern, möchte ich Impulse geben, die zum Nachdenken anregen und neue Perspektiven eröffnen.



Warum Veränderung gar nicht so leicht ist


Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass Menschen unterschiedlich mit Veränderungen umgehen. Während einige sie als Herausforderung oder sogar als Abenteuer betrachten und aktiv nach neuen Erfahrungen suchen, fällt es anderen deutlich schwerer, sich anzupassen. Dennoch ist Veränderung für uns alle eine Anstrengung – Eine Leistung, die das menschliche Gehirn Energie kostet. Veränderung fordert uns dazu auf, gewohnte Wege zu verlassen und unvertrautes Terrain zu betreten.

Die Psychologie beschäftigt sich intensiv mit der Frage, warum manche Menschen resilienter sind als andere. Verschiedene Konzepte befassen sich mit der Persönlichkeit und ihrer Einteilung in unterschiedliche Typen – eine Tradition, die bereits in der Antike begann. Damals ging man davon aus, dass die vorherrschenden Körpersäfte den Charakter bestimmten, und unterschied vier Persönlichkeitstypen: den Sanguiniker (Blut), den Phlegmatiker (Schleim), den Choleriker (gelbe Galle) und den Melancholiker (schwarze Galle).



Die moderne Betrachtung der Persönlichkeit


Auch im 20. Jahrhundert versuchten Wissenschaftler, die Persönlichkeit systematisch zu erfassen und in Kategorien einzuteilen. Daraus entstand das Fünf-Faktoren-Modell der Persönlichkeitspsychologie (Big-Five-Modell), das die Merkmale Offenheit, Gewissenhaftigkeit, Extraversion, Verträglichkeit und Neurotizismus beschreibt.

Das Big-Five-Modell ist eines der bekanntesten und am weitesten verbreiteten Persönlichkeitsmodelle in der Psychologie. Die Grundlagen hierfür wurden maßgeblich von Oliver John von der University of California, Berkeley, und seinen Kolleginnen und Kollegen entwickelt. Es beschreibt die Persönlichkeit anhand von fünf Hauptdimensionen:


  • Offenheit: Kreativ, fantasievoll, offen für neue Ideen, wissbegierig

  • Gewissenhaftigkeit: Organisiert, diszipliniert, zuverlässig, zielorientiert, verantwortungsbewusst

  • Extraversion: Gesellig, energiegeladen, gesprächig, durchsetzungsfähig, sucht Stimulation

  • Verträglichkeit: Mitfühlend, kooperativ, freundlich, altruistisch, harmoniebedürftig

  • Neurotizismus: Emotional instabil, ängstlich, stressanfällig, neigt zu Sorgen



Die Persönlichkeit – abgeleitet vom lateinischen persona (Maske, Rolle, Person; personare – hindurchtönen) – bezeichnet die Gesamtheit aller stabilen, individuellen Besonderheiten im Erleben und Verhalten eines Menschen. Sie spiegelt sich in Eigenschaften wie Gelassenheit, Gewissenhaftigkeit, Geselligkeit, Leistungsmotivation oder auch Konservatismus wider.

Diese Definition verdeutlicht, dass die Veränderung der Persönlichkeit nicht immer einfach ist – besonders nicht in allen Bereichen. Forschungsergebnisse zeigen, dass Eigenschaften wie Extraversion und Geselligkeit über die Zeit relativ stabil bleiben und tendenziell weniger veränderbar sind. Im Gegensatz dazu sind Merkmale wie Offenheit für Erfahrungen und Verträglichkeit flexibler und können stärker durch Lebensereignisse oder gezielte Interventionen beeinflusst werden.

Persönlichkeitseigenschaften sind somit ein spannendes Zusammenspiel aus stabilen und dynamischen Elementen.

Man könnte annehmen, dass ein Mensch, der offen für neue Ideen ist, weniger Schwierigkeiten mit Veränderungen und Umbrüchen hat. Solche Personen nehmen Veränderung oft als Chance wahr. Im Gegensatz dazu könnte eine eher sorgenvoll veranlagte Person stärker durch die Hürden des Wandels blockiert werden und Veränderungen eher als Bedrohung sehen. Doch zugleich dürfen wir nicht verallgemeinern und ausschließlich in Kategorien denken. Die Realität ist vielschichtiger, und auch Menschen.



Macher oder Grübler? Warum manche handeln – und andere erst mal eine Pro-Contra-Liste schreiben?


Julius Kuhl, ein deutscher Psychologe, der vor allem für seine Arbeiten zur Persönlichkeitspsychologie, Selbstregulation und Motivationstheorie bekannt ist, unterscheidet zwischen lageorientierten und handlungsorientierten Typen. Dieser Unterschied erklärt, warum manche Menschen sofort handeln, während andere erst einmal eine gründliche Analyse anstellen.


Lageorientierte Typen – Der Denker


Lageorientierte Personen zeichnen sich durch ihre Fähigkeiten zur Planung und Analyse aus. Sie sind detailverliebt, erkennen Fehler schnell und denken analytisch. Doch gerade diese Fähigkeiten können sie in bestimmten Situationen auch blockieren. Oft fällt es ihnen schwer, unwichtige Reize auszublenden und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Sie neigen dazu, die Situation aus allen möglichen Blickwinkeln zu betrachten, was zu einer Überanalyse führen kann. Dieses „Zuviel“ an Gedanken führt manchmal dazu, dass sie nicht handeln, sondern sich in der Analyse verlieren. Ein weiteres Merkmal ist, dass sie oft nicht intuitiv wissen, was ihnen guttut. Die Gefahr besteht, dass sie in einem Zustand der Unsicherheit verharren, anstatt Entscheidungen zu treffen. Vermeidungsverhalten kann ein weiteres Anzeichen sein, da sie befürchten, Fehler zu machen.


Handlungsorientierte Typen – Der Macher


Handlungsorientierte Personen hingegen sind weniger von Analyse und Planung abhängig. Sie haben ein gutes Gespür dafür, was ihnen guttut und setzen ihre Pläne schnell in die Tat um. Ihre Fähigkeit zur Selbstregulation ist ausgeprägt: Negative Emotionen können sie besser kontrollieren, und sie lassen sich weniger von den Meinungen anderer beeinflussen. Diese Typen vertrauen stark ihrer Intuition und gehen Dinge oft direkt an, ohne sich von zu vielen Details ablenken zu lassen. Bei Misserfolgen suchen sie eher die Ursachen in äußeren Umständen oder bei anderen Menschen, was ihnen hilft, schnell weiterzumachen und sich nicht von negativen Emotionen lähmen zu lassen. Sie delegieren gern Detailarbeit und konzentrieren sich auf das Wesentliche. Ihr Fokus liegt auf der Umsetzung und nicht auf dem Zögern.


Resilient, überkontrolliert oder unterkontrolliert – Wo ordnest du dich ein?


Der Hirnforscher Gerald Roth zitiert in seinem Buch die Persönlichkeitspsychologen Jens Asendorpf und Franz Neyer, die drei Hauptpersönlichkeitstypen beschreiben:


1. Resiliente Persönlichkeit

  • Eigenschaften: Aufmerksam, tüchtig, geschickt, selbstbewusst, neugierig, engagiert

  • Verhalten unter Stress: Kann unreifes Verhalten zeigen

  • Stärken: Anpassungsfähig, selbstsicher, zielstrebig

  • Herausforderungen: Kann unter Druck emotional unausgereift reagieren


2. Überkontrollierte Persönlichkeit

  • Eigenschaften: Verträglich, rücksichtsvoll, hilfsbereit, gehorsam, vernünftig, selbstsicher

  • Verhalten unter Stress: Kann aggressiv werden oder andere provozieren

  • Stärken: Diszipliniert, verantwortungsbewusst, zuverlässig

  • Herausforderungen: Neigung zur Unterdrückung eigener Bedürfnisse, mögliche emotionale Blockaden


3. Unterkontrollierte Persönlichkeit

  • Eigenschaften: Lebhaft, impulsiv, unruhig, hält sich nicht an Regeln, schiebt Schuld auf andere

  • Verhalten unter Stress: Ängstlich, gibt bei Konflikten nach, grübelt stark

  • Stärken: Kreativ, spontan, offen für neue Erfahrungen

  • Herausforderungen: Schwierigkeiten mit Selbstregulation, geringere Frustrationstoleranz


Diese drei Persönlichkeitstypen zeigen, wie unterschiedlich Menschen auf Herausforderungen reagieren und welchen Einfluss Selbstkontrolle auf Verhalten, Emotionen und Stressbewältigung hat.



Bewahren oder Wagen?


Der aktuelle Zeitgeist vermittelt oft den Eindruck, dass dynamische und entscheidungsfreudige Menschen erfolgreicher sind, da sie schnell handeln und flexibel reagieren. Ruhigere, nachdenkliche Persönlichkeiten hingegen werden in diesem Umfeld häufig übersehen oder unterschätzt. Doch bedeutet das, dass wir uns zwangsläufig in ständiger Aktivität beweisen müssen? Wie eintönig und begrenzt wäre es, wenn wir Menschen nur nach solchen Maßstäben bewerten und in starre Kategorien einordnen würden?




Einige Menschen legen großen Wert auf Bewahren, pflegen Rituale und schätzen Treue und Bindung. Andere wiederum streben nach Veränderung, Aufbruch und Abenteuer. Beide Ausrichtungen haben ihre Stärken und Schwächen – vor allem, wenn sie zu extrem ausgeprägt sind. Was passiert, wenn das Bedürfnis nach Stabilität in lähmende Stagnation übergeht? Und wenn der Drang nach Veränderung in unaufhörliche, ruhelose Flucht vor dem Jetzt mündet?

Wir alle tragen in uns sowohl „Flügel“ als auch „Wurzeln“ – die eine Sehnsucht nach Weite, Freiheit und Entwicklung und die andere nach Tiefe, Verankerung und Sicherheit. Eine interessante Frage in einem Mitarbeitergespräch könnte daher lauten:


Was hält dich fest, wo ist es zu starr, und was bringt dich wieder in Bewegung? In welchen Bereichen möchtest du deine Kompetenzen weiter vertiefen?“



Foto: Eilis Garvey
Foto: Eilis Garvey

Veränderung geschieht, wenn drei entscheidende Faktoren zusammenspielen:


Veränderung ist ein komplexer Prozess, der nicht nur von äußeren Umständen abhängt, sondern vor allem von inneren Faktoren, die wir aktiv gestalten können. Um Veränderung wirklich zu erfahren, müssen drei wesentliche Elemente miteinander in Einklang stehen:

Zunächst einmal müssen wir den Wunsch nach Veränderung haben. Diese Einsicht kann aus verschiedenen Quellen kommen – sei es durch eigenen Leidensdruck, den Wunsch nach persönlicher Weiterentwicklung oder durch das Erkennen, dass Veränderung notwendig ist, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Erst wenn dieser Punkt erreicht ist, sind wir wirklich bereit, neue Wege zu gehen.

Doch es reicht nicht aus, sich Veränderung zu wünschen – wir müssen an unsere Fähigkeit zur Veränderung glauben. Dieses Vertrauen, dass wir in der Lage sind, uns weiterzuentwickeln, gibt uns die nötige Energie, um die nächsten Schritte zu gehen. Kleine Erfolge und positive Rückmeldungen stärken das Selbstbewusstsein und die Überzeugung, dass Veränderung nicht nur möglich, sondern auch wirksam ist.

Und schließlich erfordert wahre Veränderung, dass wir die Veränderung leben. Sie muss sich so weit in unseren Alltag integrieren, dass sie mit der Zeit selbstverständlich wird. Durch wiederholte Praxis können neue Gewohnheiten und Verhaltensweisen zu einem natürlichen Teil unseres Lebens werden – was unser Gehirn entlastet und uns langfristig stabilisiert.



Leibliche Erfahrungen sind wichtig


Ein weiterer wichtiger Beitrag zu unserem Verständnis von Veränderung stammt aus der Theorie der Persönlichkeitskohärenz von Caspi und Moffitt. Sie formulieren drei wesentliche Voraussetzungen, die für eine erfolgreiche Persönlichkeitsveränderung entscheidend sind:


  1. Eine neue Situation, die wir auch leiblich erfahren: Veränderungen geschehen nicht nur durch das bloße Erkennen einer Notwendigkeit, sondern vor allem durch die direkte Erfahrung. Diese neuen Situationen – sei es ein Freiwilliges Soziales Jahr, ein Auslandsstudium oder eine berufliche Veränderung – fordern uns heraus und lassen uns durch direktes Erleben und Beobachten im Alltag lernen. Wir erfahren Veränderungen nicht nur auf der kognitiven Ebene, sondern auch auf der körperlichen, indem wir neue Eindrücke sammeln und uns an die Gegebenheiten anpassen.

  2. Die Abkehr von alten Gewohnheiten: Ein weiterer zentraler Punkt ist die Erkenntnis, dass uns bestimmte alte Muster oder Gewohnheiten nicht mehr dienlich sind. In dieser Phase erkennen wir, dass wir uns von alten Verhaltensweisen verabschieden müssen, um Raum für Neues zu schaffen. Diese Umstellung ist oft herausfordernd, weil alte Muster tief in unserem Verhalten verankert sind und wir uns aktiv dafür entscheiden müssen, sie zu hinterfragen und abzulegen.

  3. Ein klares Verständnis der Anforderungen: Um uns erfolgreich an eine neue Lebenssituation anzupassen, müssen die Anforderungen klar und verständlich sein. Dies kann entweder durch eine klare Kommunikation von außen geschehen oder aber durch die eigene Entwicklung eines präzisen Konzepts, das uns hilft, die neue Situation besser zu begreifen. In dieser Phase übernehmen wir die Verantwortung, uns aktiv anzupassen und die Veränderungen bewusst zu integrieren.


Ein besonders wichtiger Aspekt in dieser Theorie ist die Bedeutung der leiblichen Erfahrung. Der Körper spielt eine zentrale Rolle im Prozess der Veränderung. Alle unsere Sinneswahrnehmungen – sei es das Ausprobieren neuer Dinge, das Fühlen von Emotionen oder das Wahrnehmen von Umgebungen – tragen dazu bei, dass wir Veränderungen als tiefgreifender erleben und annehmen. Dieses „Körperwissen“ ermöglicht es uns, die Welt und die uns betreffenden Veränderungen auf eine sehr direkte Weise zu begreifen und ist somit ein wesentlicher Bestandteil unseres Anpassungsprozesses und unserer Persönlichkeitsentwicklung.

Diese Perspektive verdeutlicht, dass Veränderung nicht nur eine geistige oder emotionale Angelegenheit ist, sondern auch eine körperliche. Wenn wir Veränderungen mit unseren Sinnen und durch unseren Körper erleben, wird die Anpassung greifbarer und nachhaltiger.

Ein Ingenieur oder eine Ingenieurin kann beispielsweise theoretisch verstehen, wie die Bremse eines Zuges aufgebaut ist. Doch es ist eine ganz andere Art von Wissen, wenn diese Person genau weiß, wie die Ventile funktionieren, die den nötigen Druck für die Bremse erzeugen, wo sie sich befinden – und wenn sie sich dabei auch die Hände schmutzig macht.


Abschließend lässt sich sagen, dass Veränderung ein vielschichtiger Prozess ist. Manchmal suchen wir sie aktiv, manchmal stellt uns das Leben vor Herausforderungen, die uns zwangsläufig in eine neue Richtung führen. Einige Veränderungen können wir bewusst steuern, während sich andere unserer Kontrolle entziehen – und das ist nicht immer einfach, denn es bringt oft Unsicherheiten mit sich. Verwirrung, Erschütterung und Ratlosigkeit sind häufige Begleiter auf diesem Weg. Doch vielleicht können wir daraus lernen, dass der wahre Wert nicht immer in der ständigen Optimierung liegt, sondern vielmehr im Prozess des Kennenlernens und Akzeptierens unserer selbst. Vielleicht besteht der wahre Schlüssel nicht in der Veränderung an sich, sondern in der Art, wie wir uns selbst begegnen – mit all unseren Eigenheiten und Unvollkommenheiten.

Denn gerade die kleinen Eigenheiten und Macken machen uns einzigartig und verleihen unserem Leben Farbe und Tiefe. Wie Jule Specht treffend betont, bereichert unsere Gesellschaft gerade die Vielfalt der Persönlichkeiten. In unseren jeweiligen Nischen ergänzen und unterstützen wir uns gegenseitig – und genau diese Unterschiede machen das Miteinander so wertvoll.


Wir sollten jedoch nicht davon ausgehen, dass die Akzeptanz der Vergänglichkeit und die Anerkennung von Begrenzungen die Veränderungsbereitschaft ausschließen – im Gegenteil, sie sind grundlegende Bestandteile unseres Lebens.

Die Philosophin Ina Schmidt beschreibt, dass es bedeutet, sich der Veränderung zu stellen – sei es freiwillig, mit Neugier und Freude oder auch notgedrungen –, die Gewissheit anzuerkennen, dass etwas zu Ende geht, und einen Umgang damit zu finden (vgl. Schmid, 2019).

Daraus lässt sich schließen: Mit Veränderung umzugehen heißt, nicht passiv zu verharren, sondern als handelnde Subjekte aktiv an ihr mitzuwirken.



Übrigens, falls Sie sich erinnern – ich bin die mit dem Halskloß, von dem ich am Anfang des Artikels gesprochen habe. Als Kind und später als Berufsanfängerin hatte ich große Angst davor, vor Gruppen zu sprechen. Ein Praxislehrer sagte einmal zu mir: "Das ist wirklich wichtig, dass du das lernst, denn du musst deine Klienten und Klientinnen vertreten können." Das hat mich damals sehr verunsichert, aber er hatte natürlich recht. Er hat den Grund benannt, ich habe es verstanden und den Sinn erfasst. Ich habe gespürt, dass ich etwas ändern kann und mein Vermeidungsverhalten bewusst reduziert – es war ein breites Spektrum an Aspekten, die die Veränderung hervorriefen.

Mit viel Übung und positiven Rückmeldungen – wofür ich meinen Praxisanleiter:innen und Praxislehrer:innen sehr dankbar bin – hat sich das über die Jahre verändert. Ich glaube, dass sie bemüht waren, ihren Blick auf den ganzen Menschen zu richten.


Den Kloß im Hals spüre ich heute kaum noch. Na gut, räusper, räusper – wenn ich ehrlich bin, taucht er hin und wieder doch noch auf. Aber das ist in Ordnung. Wir sind schließlich keine Maschinen, und ein gewisses Maß an Unsicherheit hält uns wachsam. Außerdem hat es mich gelehrt, ruhige oder schüchterne Menschen nicht zu übersehen.



  • In welchen Bereichen hast du dich verändert, was hat diese Veränderung ausgelöst, und welche Auswirkungen hattest du dadurch?

  • Gab es Veränderungsprozesse, die du als besonders ungerecht oder belastend empfunden hast? (Im dritten Teil gehen wir näher auf die emotionalen Aspekte ein.)

  • Zählst du eher zu den Bewahrern, die Vertrautes schätzen, oder zu denjenigen, die gerne Neues wagen?

  • Welche Veränderungen haben deine Leidenschaften beflügelt oder neue Interessen geweckt?

  • Was würde geschehen, wenn alles so bliebe, wie es ist?


Herzliche Grüsse,


Daniela Britzelmayr




Wo Vergänglichkeit ist...





Quellen:


Specht, Jule (2021). Charakterfrage. Hamburg: Rowohlt, S. 227

Specht, Jule (2021). Charakterfrage. Hamburg: Rowohlt, S. 230

Gerhard Roth, Warum ist es so schwierig ist, sich und andere zu ändern, 2019, Klett.Cotta

Schmidt, Ina (2018). Über die Vergänglichkeit. Hamburg: Edition Körber, S. 28

 
 
 

Comments


bottom of page